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Sachverständige werden in Verfahren zum Suchtmittelgesetz bestellt, um zu beurteilen, ob hinsichtlich von Verurteilten oder Betroffenen die therapeutischen Voraussetzungen für die Gewährung eines Strafaufschubs nach § 39 SMG vorliegen (Therapiefähigkeit und -willigkeit). Zudem soll darauf eingegangen werden, welche gesundheitsbezogenen Maßnahmen notwendig und zweckmäßig wären, wie die Erfolgsaussichten einer derartigen gesundheitsbezogenen Maßnahme zu beurteilen und ob gegebenenfalls eine stationäre Therapie notwendig erscheint. Auch wenn es keinen eindeutig festgelegten Beurteilungsvorgang gibt, so kann aus der Erfahrung heraus aber ein Leitfaden, zur Orientierung des Sachverständigen, herangezogen werden.
Aus der klinischen Erfahrung heraus erscheint es sinnvoll in einem ersten Schritt, im Rahmen eines fachexplorativen Gespräches bzw. klinischen Anamnese, die Familiengeschichte, den beruflichen Werdegang, soziale Randbedingungen, Kriminalitäts- und Krankengeschichte zu erheben. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, sofern vorhanden, ärztliche Unterlagen heranzuziehen.
Auch der aktuelle psychopathologischer Status wie auch die Beurteilung von möglichen Persönlichkeitsstörungen sollten in die Untersuchung einfließen. Nicht unberücksichtigt soll dabei die Beschwerden-Validierung sein.
Gerade die Beschwerden-Validierung hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Nicht unerheblich ist dabei die Frage vorhandener Schulden und wie etwa soziale Verpflichtungen eingehalten werden. Aktuelle Medikationen sind dabei ebenso zu berücksichtigen. Ebenso sollen vorangegangene Therapiebemühungen erhoben werden. Aus diesen Daten kann, in aller Regel, ein Modell zur Sucht-Entstehung generiert werden. Aus diesen Daten heraus kann ebenso die psychotherapeutische Eignung abgeleitet werden. Vom Sachverständigen sollten ebenso Ressourcen- und Risikofaktoren eingeschätzt werden, um die Sinnhaftigkeit einer möglichen Therapie abschätzen zu können. Aus den erhobenen Daten sollen in einem weiteren Schritt mögliche gesundheitsbezogene Maßnahmen (§ 11 Abs. 2 Z. 1-5 SMG) vorgeschlagen werden.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass gerade die „Szene“ einem dynamischen Prozess unterliegt. Suchtmitteln, deren Konsumsformen wie auch deren Beschaffungsmöglichkeiten ändern sich über die Jahre. Bekannte Suchtmittel, etwa Heroin, verloren in den letzten Jahren ihre Wichtigkeit und wurden durch andere Substanzgruppen (Morphine) sehr vom Markt verdrängt.
Preise sind in den letzten Jahren gefallen wie auch gleichzeitig die Reinheit gerade mancher Substanzgruppen massiv angestiegen sind. Damit zeigen bestimmte Substanzgruppen eine völlig andere Dynamik als noch vor etwa 10-15 Jahren. Sachverständige sollten sich daher, nicht zuletzt durch die zu beurteilenden Klienten selbst, selbst auf dem Laufenden halten.