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Unabhängig davon, ob der Begriff des Kindeswohls bis zum heutigen Tag keine eindeutige und verbindliche Ausformulierung hat, müssen in Verfahren zur Beurteilung des Kindeswohls mitunter auch psychische Erkrankungen der Kindeseltern beurteilt werden. Es soll darauf hingewiesen werden, dass ein Sachverständiger primär das Kindeswohl, vor dem Hintergrund der Erziehungsbedingungen, zu beurteilen hat.
Psychische Erkrankungen der Kindeseltern spielen dabei, sofern sie nicht massiv ausgeprägt sind, nur eine sekundäre Rolle. Dennoch versteifen sich viele Sachverständige darauf, durch geeignete oder weniger geeignete psychodiagnostische Verfahren, langwierig Persönlichkeitsprofile sowie Verhaltens- und Erlebnisweisen zu identifizieren. Damit wird den Parteien eine nicht zu unterschätzende Bürde auferlegt, welche primär nicht im Zusammenhang mit dem Kindeswohl stehen muss.
Auch können dadurch nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Erziehungsbedingungen bezogen werden. Liegt tatsächlich eine relevante psychische Störung einer Partei vor, so ist vom Sachverständigen jedenfalls zu beurteilen, ob die jeweilige Ausprägung relevant für die gerichtliche Fragestellung ist oder nicht. Nicht selten werden von Sachverständigen psychische Beeinträchtigungen als dauerhaft angenommen, obwohl dies in der Regel, bis auf bestimmte Persönlichkeitsstörungen, nicht unbedingt gegeben sein muss.
Oft fehlt daher in den entsprechenden Gutachten der Hinweis auf die zeitliche Dynamik einer psychischen Störung. Depressive Verstimmungen etwa müssen keine hohe Stabilität aufweisen und habe mitunter überhaupt keinen dauerhaften Einfluss auf die Erziehungsbedingungen. Borderline-Problematiken werden mitunter gerne herangezogen, um die Erziehungsunfähigkeit eines Elternteils heraus zu streichen. Dabei wird übersehen, dass es immer auf die Ausprägung im Zusammenhang mit den jeweiligen Erziehungsumständen ankommt. Insbesondere Borderline-Problematiken weisen ein sehr hohes Verhaltensspektrum auf, welches nicht notwendigerweise in eine Erziehungsunfähigkeit münden muss. Auch eine posttraumatische Belastungsstörung muss nicht in einer Erziehungsunfähigkeit manifestiert sein. Posttraumatische Belastungsstörungen können sich, nach einer gewissen Zeit, in unauffälligeren Symptomen äußern oder auch chronifizieren. Eine schizophrene Erkrankung etwa kann schubweise verlaufen oder ebenso chronifizierten. In den Zwischenphasen kann die betroffene Person wiederum stabil sein. Diese wenigen Beispiele zeigen auf, dass, wenn eine entsprechende psychische Beeinträchtigung diagnostiziert wird, ebenso deren zeitliche Auswirkung mitberücksichtigt werden muss.