Zum Wesen eines Gutachtens
Der Begriff des Gutachtens ist nicht geschützt. Ein Gutachten hat keine herausgehobene, prozessrechtliche Bedeutung. Die Würdigung von Gerichtsgutachten, als eines von vielen möglichen Beweismitteln, obliegt per Gesetz allein dem erkennenden Gericht.
Wenn allgemein beeidete und zertifizierte Gerichtssachverständige (dieser Begriff ist hingegen geschützt) eine fachliche Stellungnahme abgeben wird von einem Gerichtsgutachten gesprochen. Legen etwa Prozessparteien eine sachverständige Stellungnahme vor, spricht man hingegen von einem Privat- oder Parteigutachten.
Der allgemein beeidete und zertifizierte Gerichtssachverständige hat mit seinem Eid (§ 5 Abs 1 SDG) Verpflichtungen übernommenen bei seiner Tätigkeit, in wessen Auftrag auch immer, sorgfältig und gewissenhaft zu arbeiten.
Gerichtlich nicht eingetragene Sachverständige unterliegen dieser Verpflichtung nicht.
Gerichtsgutachten beziehen sich in aller Regel auf eng formulierte Fachfragen seitens der Gerichte bzw. Auftraggeber.
Aufgrund von Aktenlagen, Vorbefunden und eigenen Befunderhebungen werden von einem gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen fachliche Schlussfolgerungen hinsichtlich der beauftragten, gerichtlichen Frage vorgenommen.
Gutachten sind dahingehend ausgearbeitete und fachlich begründete Darstellungen von Erfahrungssätzen zur Beantwortung einer oder mehrerer, fachlicher Fragestellungen.
Die Erstattung des Gutachtens erfolgt mündlich oder schriftlich.
Ein gerichtliches Gutachten bezieht sich in seinem Inhalt und seinen Schlussfolgerungen allein auf die im Deckblatt genannte Fall- bzw. Aktenzahl und ist nur hierfür verfasst worden.
Damit wird der Zweck eines Gutachtens klar umrissen und es beansprucht keine Allgemeingültigkeit. Es lassen sich hierdurch auch keine Dispositionen für andere Fälle, Dritte oder nicht genannte Personen ableiten.
Gutachten beziehen sich mit dieser eineindeutigen Kennzeichnung nur auf den vorliegenden Einzelfall.
Gerichtliche oder private Gutachten durch allgemein beeidete und zertifizierte Gerichtssachverständige werden in aller Regel für den höchstpersönlichen Gebrauch des Auftraggebers verfasst.
Ein anderer Gebrauch (wie Weitergabe an Dritte oder Veröffentlichung der Inhalte etwa in Print- oder elektronischen Medien, Internet oder anders gearteten Medien), auch nur auszugsweise, bedarf immer der Zustimmung des zeichnenden Gutachters/Verfassers bzw. des Auftraggebers.
Ebenso ist eine Vervielfältigung, ohne Zustimmung des Verfassers oder des Auftraggebers, sowohl zum eigenen Gebrauch als auch für berufliche oder andere Zwecke unzulässig. Insofern wird auf das Copyright © im Sinne des Urheberrechts hingewiesen.
Das Zitieren von Texten ist in wissenschaftlichen Arbeiten Usus, jedoch gibt es bis heute kein anerkanntes oder allgemein gültiges Zitiersystem.
Vermeintlich wird dies (auch für gerichtliche Gutachten) suggeriert, jedoch besitzt heute sogar jede Fachzeitschrift ein eigenes Zitiersystem.
Viele etablierte Lehrbücher lassen im Fließtext etwa keine Zitierungen einfließen und geben Literaturverweise am Ende eines Kapitels oder Buches an.
Die Zitiermöglichkeiten und Formen sind hierbei beinahe so groß wie die Artenvielfalt in der Natur.
Gutachten durch allgemein beeidete und zertifizierte Gerichtssachverständige stellen fachlich begründete Antworten zu klar umrissenen Fachfragen des Gerichts oder eines privaten Auftraggebers dar.
Sie sind per se keine wissenschaftlichen Arbeiten, beruhen aber auf anerkannten bzw. etablierten Methoden aus dem jeweiligen Fachgebiet. Sachverständige sind per Gesetz frei in der Wahl ihrer Methode.
Es besteht in einem Gutachten kein Anspruch auf Vollständigkeit der Zitierung.
Ein bestimmter Zitierzwang besteht für Sachverständige im Rahmen einer Beauftragung nicht.
Die etwaige Einfügung von Zitaten kann allenfalls der Erhöhung der Nachvollziehbarkeit eines Gutachtens dienlich sein, liegt aber immer im fachlich-basierten, methodologischem Ermessensspielraum eines Sachverständigen und unterliegt keinem prinzipiellem Zwang hierzu.
Die Überprüfung des methodischen Vorgehens in Gutachten von allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen kann niemals valide von fachfremden Personen erfolgen, da diese nicht über das notwendige Fachwissen verfügen noch sich dieses, ohne Studium des betreffenden Faches und langjährig-eigenverantwortliche Tätigkeit auf diesem Gebiet, angeeignet haben.
Der oft und wiederholt strapazierte Begriff der Wissenschaftlichkeit eines Gerichtsgutachten von einem allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen ist nicht durch das vollständige oder weniger vollständige zitieren von Quellen gegeben, sondern nur durch die Methodenwahl.
Die drei anerkannten Kriterien der Wissenschaftlichkeit für quantitative Untersuchungen sind Reliabilität, Validität und Objektivität und nicht die Untersuchung/Analyse von Texten.
Die Prämisse der Methodenfreiheit eines allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen sei hier noch einmal hervorgehoben.
Es geht bei gerichtlichen Gutachten von allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen nicht um die Frage eines zweckentfremdeten Wissenschaftlichkeitsbegriffs, da dieser Anspruch hier nicht immanent ist.
Vermeintliche Überprüfungen der Gerichtsgutachten von allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen mittels Text- oder Zitieranalysen stellen damit kein valides Mittel dar, um diese auf ihre Gültigkeit bzw. der Reliabilität, Validität und Objektivität hin beurteilen zu können.
Sie können zu deren Gültigkeit also keinerlei Auskunft geben. Eine Beurteilung ihrer Beweiswürdigungskraft käme zudem einer richterlichen Amtsanmaßung gleich.
Werden gerichtliche Gutachten von allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen derartigen Prüfungen unterzogen ist eher eine Verletzung des Copyright© im Sinne des Urheberrechts ins Auge zu fassen, da diese Gutachten für diese Zweckentfremdungen vom Gericht oder Verfasser, in aller Regel, nicht freigegeben sind.
Diese Gutachten, wie oben hingewiesen, sind nur für den höchstpersönlichen Gebrauch des Auftraggebers verfasst und eine andere Verwendung ist, ohne Zustimmung des Urhebers/Auftraggebers, nicht gestattet.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass jedes Privatgutachten, in Zivilverfahren, nur einen Urkundencharakter und keine allgemeine Gültigkeit besitzt.
Es liegen diesen Gutachten per Definition nicht die gleichen Unterlagen und Befunde wie dem gerichtlichen Sachverständigen vor.
In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass diese Gutachten nur beweisen, dass ihr Inhalt der Meinung des Verfassers entspricht.
Zur etwaigen Überprüfung von Gerichtlichen Gutachten durch Behörden oder Ministerien
Mitunter bestehen Missverständnisse bzw. werden in den letzten Jahren gezielte Falschinformationen gesät, um möglichen Auftraggebern vorzumachen, dass eine sog.
Überprüfung von gerichtlichen Gutachten oder gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen mit Hilfe von Privatgutachten bei Ministerien oder Behörden erfolgen könnte.
Aufgrund der verfassungsrechtlich vorgesehenen Gewaltentrennung zwischen Justiz und Verwaltung sind Behörden für Beschwerden hinsichtlich gerichtlicher Gutachten oder gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständige nicht zuständig.
Wie bereits verschiedentlich dargetan, sind gerichtliche Sachverständigengutachten nur ein mögliches Beweismittel im jeweiligen Verfahren. Die Qualität und Beweiskraft von gerichtlichen Gutachten ist nur im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung zu bewerten.
Mit anderen Worten: Die Würdigung eines gerichtlichen Gutachtens durch einen allgemein beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen obliegt nur dem erkennenden Gericht.
Private Gutachten haben nur einen Urkundencharakter. Ihre Beweiskraft erschöpft sich darin, dass ihr Inhalt lediglich die Ansicht ihres Verfassers wiedergibt.
Allfällige Diskussionen um gerichtliche Gutachten und gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige in Gerichtsverfahren erfolgen im Instanzenzug.
Die Beurteilung von gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen sowie deren Gutachten fällt daher ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Justiz.
Durch die vorgegebene Gewaltentrennung kommt einer Behörde (beispielsweise Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) daher keine Zuständigkeit bei gerichtlichen Sachverständigengutachten zu.
( Feststellung Oktober 2021 )